Über viele Jahre setzte ich mich gedanklich mit dem Vorhaben auseinander, meinem Schwiegervater Günther Steffen sowie zielgerichtet den gefallenen und vermißten Vorgesetzten und Kameraden der Legion (Brigade/Division*) "Nederland" zumindest ein unfertiges Gesicht und eine Geschichte zu geben. Ich habe meinen Schwiegervater durch seinen frühen Tod leider nicht persönlich kennengelernt. Gerne hätte ich es anders gehabt weil mir heute beim Schreiben der Chronik die evtl. möglich gewesenen Hintergrundgespräche fehlen. Ich bin mir sehr sicher, dass Günther Steffen sich offenbart hätte auch über evtl. mögliche seelische Deformationen hinweg. 

Anfang des Jahres 2003 wurden meine Gedanken konkreter und ich begann möglichst eindeutige Angaben über das militärische Leben von Günther Steffen in Verbindung mit der Legion/Brigade "Nederland" und voran "Flandern" aufzuspüren und zu bündeln.

 

Der Ablauf seines recht kurzen Lebens ließ es nicht zu, dass Günther Steffen seine eigene Geschichte erzählen oder niederschreiben konnte. Es gibt von ihm auch keine wieder kehrenden Erzählungen, die den Inhalt für Erinnerungen und somit für diese Chronik liefern konnten. So mußten seine ganz persönlichen und bereits fast verlorenen Spuren einige Jahrzehnte später über Jahre hinweg sehr mühsam wieder in die Gegenwart gestellt werden. Sehr enge Familienmitglieder zeigten keine nennenswerte Bereitschaft die bereits weit voran geschrittene Phase des Vergessens zu beenden. Es gibt somit zwangsläufig Zeitfenster in dieser Chronik, die keine Beschreibungen über Günther Steffen enthalten. Die Gründe ? Keine Zeitzeugen und keine Aufzeichnungen. Trotz allem konnte ich über die Jahre eine interessante Menge an Informationen, auch aus dem Internet und den Beständen der NARA**,  zusammen fassen, die vielleicht die Möglichkeit eröffnet haben, sein Leben und somit sein Wesen besser zu verstehen, warum er das eine oder andere getan hat, so wie er es getan hat.

Spezielle Beschreibungen zu den Kampfhandlungen der SS-Regimenter         " Nederland" (Niederlande) und "Flandern" und damit verbunden das Schicksal einzelner Soldaten waren wenn überhaupt nur sehr schwer aufzuspüren, wenn auch in einzelnen Büchern Abhandlungen zu finden sind. Die Beschreibungen sind mir auch zu allgemein abgefaßt. Ich wollte ganz bewußt Details heraus filtern, die ein realitisches Bild der Ereignisse spiegelten. Erst als ich nach Jahren eine Auswahl der berühmten "NARA-Rollen"** (Kriegstagebücher, Befehle etc.) mit den speziellen Inhalten lesen konnte, lösten sich viele Fragen und die Abläufe der für diese Chronik wichtigen Kriegsjahre hellten sich auf.    

 

Günther Steffen

 

 

Die Vorstellungen die Strukturen und einige Etappen aus der Geschichte der SS-Regimenter "Nederland" und "Flandern" ( später Langemarck) aufzuzeichnen, machen nur einen Sinn, wenn  Aussagen über das wie und warum zu den Gründen der Entstehung der "Nederland / Flandern" berücksichtigt werden.  Der erste Teil der Chronik befasst sich daher zwangsläufig mit speziellen Fragmenten der beiden Legionen und schwenkt dann auf das militärische Leben von Günther Steffen insgesamt ein.

 

Obwohl im Fokus dieser Aufzeichnungen im Grunde nur ein einziger Mensch steht, richten sich die Gedanken intensiv an die jungen Männer, die in den 2. Weltkrieg gezogen sind und ihr kurzes Leben für die Pläne der "Kriegsherren" lassen mußten. Diese Jungen, die unsere Väter, Onkels und Großväter waren, obwohl wir jetzt viel älter als sie werden durften. Sie waren durch die grausamen Kriegsereignisse härter als wir. Verbrannte Erde vom Sprengstoff zerwühlt und von Blut getränkt hinterließen Spuren an Körper und Seele dieser Männer, die mit Kälte, Hunger, Krankheit und Angst ihren Weg bis zu ihrer letzten "Ruhestätte" gegangen sind.......

War es wirklich die letzte Ruhestätte ?  

Es ist ein tiefes menschliches Anliegen, nach vermissten oder gefallenen Angehörigen bzw. deren möglichen Gräbern zu suchen, um zu trauern und wenn möglich sie in ein "eigenes" Grab zu legen. Man hätte einen Flecken Erde  an der man trauern und sich intensiv erinnern könnte. Mehr als 70 Jahre nach dem millionenfachen Tod der vielen Menschen ist dieses Anliegen kaum noch zu erfüllen. Es wäre sehr schwer umzusetzen. Vielleicht verblasst auch deshalb dieser Wunsch. Aber niemals endgültig.

Unzähliche Berichte beschreiben wo der Tod der Söhne, Ehemänner und Väter die Angehörigen in der Heimat vor Schmerzn fast zerdrückt hat.  Unendlich viele Tränen  wurden in der Ungewissheit und Unfähigkeit geweint, Abschied  zu nehmen und an keinem Grab trauern zu können. Evtl. kann diese Chronik manchmal aufklären.  

 

 

* Bezeichnung änderte sich auf Grund von Strukturveränderungen in der Waffen-SS

** NARA = National Archives and Records Administration - die Nation der Archivare, Washington, United States.

Viele Menschen kennen das National Archiv als Hüter der United States- "Unabhängigkeitserklärung", der "Verfassung"

und der "Bill of Rights".

Bei der NARA gibt es etwa 10 Milliarden Textseiten Aufzeichnungen, 12 Millionen Karten usw. Es ist möglich

die dort gelagerten Unterlagen (auch über den II. Weltkrieg) einzusehen.